Inhaltssuche

Suchen Sie z.B. nach Artikeln, Beiträgen usw.

Personen- und Kontaktsuche

Generalvikar Dr. Martin Stanke sprach von „tiefem Erschüttern“ und forderte eine neue Kultur des Leitens und Entscheidens. Er kündigte die Einrichtung einer Fachstelle für Prävention, Intervention und Aufarbeitung an. Foto: Bistum Fulda / Burkhard Beintken
 

Generalvikar Dr. Martin Stanke - Statement

Pressegespräch am 26. Juni 2025

Einschätzungen und Perspektiven zum Abschlussbericht der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexueller Gewalt im Bistum Fulda

Hinweis: Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Damen und Herren,


mir ist bewusst, sie haben dies heute und auch in der vergangenen Woche schon mehrmals gehört. Aber es ändert nichts daran: Ich bin tief erschüttert – als Generalvikar, als Priester, und als Mensch. Es fällt mir schwer, Worte zu finden angesichts dessen, was im Aufarbeitungsbericht offengelegt wurde. Und es fällt mir ebenso schwer zu akzeptieren, dass wir als Kirche nicht besser dastehen als die Gesellschaft insgesamt – in manchen Punkten vielleicht sogar noch schlechter. Und das, obwohl Nächstenliebe und Barmherzigkeit unsere zentralen Werte sind.


Die Vorstellung, dass Menschen in unserer Kirche, in unseren Gemeinden, durch Kleriker oder andere Verantwortungsträger Leid erfahren haben – und dass dieses Leid oft nicht gehört, nicht ernstgenommen, ja sogar systematisch übersehen oder vertuscht wurde – macht mich fassungslos.

 

Dank für Engagement und Mut der Betroffenen

Ich bin zugleich sehr dankbar. Dankbar für die intensive und unabhängige Arbeit der Aufarbeitungskommission. Dankbar auch für den Mut der Betroffenen, die sich geöffnet haben. Ohne sie gäbe es keinen Bericht. Ihre Offenbarungen, ihre Berichte bestürzen mich.


Besonders dankbar bin ich für die Empfehlungen der Kommission, die uns nicht nur einen Spiegel vorhält, sondern auch den Weg nach vorne weist.

 

Erste Schritte und Aufbau neuer Strukturen

Der Bericht zeigt: Seit 2001 gab es erste Ansätze, sich dem Thema Missbrauch zu stellen. Damals vielleicht noch tastend, zögerlich, nicht in der Klarheit und Konsequenz, die notwendig ist. Aber es waren erste Schritte. Und seither ist vieles geschehen: Strukturen wurden aufgebaut, Prävention und Intervention etabliert. Neben diesen Bereichen sind wir gerade dabei, auch den Bereich Aufarbeitung aufzubauen. Wir werden bei der Schaffung der Stelle die Empfehlungen der Kommission sehr berücksichtigen. Gerade die Weiterentwicklung präventiver Maßnahmen vor Ort hat uns die Kommission in ihren Empfehlungen zu bedenken gegeben.


Verbunden ist damit die Etablierung einer Kultur der Achtsamkeit in allen Gemeinden. Als Bistumsleitung sehen wir uns in der Verantwortung gerade auch in diesem Bereich nicht nachzulassen und weitere Schritte zu gehen. Alle drei Bereiche – Prävention, Intervention und Aufarbeitung - sollen in einer neuen Fachstelle zusammengeführt werden, so dass eine enge Vernetzung möglich ist. Wir, Bischof Gerber und ich, ziehen da auch mit dem Kirchensteuerrat an einem Strang und haben die Weichen hierfür bereits gemeinsam gestellt.

 

Begleitung und Unterstützung für Gemeinden

Darüber hinaus gibt es ein multiprofessionelles Team in unserer Diözese, das Fachwissen und die Qualifikation besitzt, Gemeinden und Gemeinschaften in schwierigen Situationen zu begleiten und zu unterstützen. Der Bericht der Aufarbeitungskommission zeigt uns jedoch, dass es neben solchen Teams auch Konzepte für die institutionelle Aufarbeitung braucht.


Es wird daher für uns eine konkrete Aufgabe sein, Ideen und Konzepte zu entwickeln, die es Gemeinden ermöglicht, intensiv und proaktiv in eine Phase der Aufarbeitung zu kommen. Ziel soll es sein, die Sprachlosigkeit zu überwinden und eine Kultur der Erinnerung, der Achtsamkeit und der Authentizität zu entwickeln. Als Bistumsleitung sehen wir uns herausgefordert, einen solchen Prozess zu initiieren und in unseren Gemeinden zu fördern.

 

Erinnerungskultur als Beitrag zur Prävention

In enger Verbindung dazu steht für mich auch die Förderung und Weiterentwicklung einer Erinnerungskultur in unserer Diözese. Die Kommission selbst schreibt in ihren Empfehlungen (S. 218): Erinnerung an Missbrauch ist ein aktiver Beitrag zur Prävention. Es gilt daher eine Erinnerungskultur zu etablieren und zu pflegen, die an das Unrecht und an das Leid erinnern.

 

Klerikalismus und strukturelle Dimension des Missbrauchs

Was mich besonders beschäftigt, ist die strukturelle Dimension des Missbrauchs, der im Bericht auch unter dem Schlagwort Klerikalismus genannt wird. Wir dürfen nicht nur auf Einzeltäter schauen, sondern müssen die Strukturen benennen und verändern, die Missbrauch begünstigt oder seine Aufdeckung erschwert haben. Das betrifft insbesondere die Frage von Macht – und wie sie in der Kirche verteilt, ausgeübt und kontrolliert wird.

 

Verantwortung teilen – neue Leitungsstruktur

Hier haben wir begonnen, konkrete Maßnahmen zu ergreifen. Wie meine Vorrednerin bereits erwähnte, wurde eine Personalkommission eingerichtet, in der zusammen auf personelle Veränderungen geschaut wird. Darüber hinaus werden wir zeitnah eine Verwaltungsdirektorin oder einen Verwaltungsdirektor berufen auch hierzu gibt es bereits einen Beschluss des Kirchensteuerrates.


Die neue Verwaltungsleitung wir eigenverantwortlich Leitung übernehmen und darin den Bischof und den Generalvikar in administrativen und operativen Tätigkeiten unterstützen. Damit wird Verantwortung geteilt – nicht nur symbolisch, sondern ganz real. Es braucht eine neue Kultur des Leitens und Entscheidens in unserer Kirche – transparenter, partizipativer, mit klaren Zuständigkeiten und Rechenschaftspflicht.

 

Verhaltenskodex und Haltung der Kirche

Ebenso gibt es neben den präventiven Maßnahmen auch einen Verhaltenskodex in unserem Haus, d.h. Verhaltensregeln, wie Mitarbeitende im Haus miteinander umgehen sollen.


Diese strukturellen Schritte sind wichtig. Aber ich weiß auch: Sie ersetzen nicht die Notwendigkeit, dass sich unsere Haltung verändert – dass wir wirklich hinhören, dass wir nicht mehr wegschauen, dass wir Betroffenen glauben, dass wir Gerechtigkeit suchen.

 

Vertrauen zurückgewinnen durch Taten

Der Bericht ist ein Ruf zur Verantwortung und zur Veränderung. Ich weiß, dass Vertrauen verloren gegangen ist – bei vielen Menschen in unserem Bistum, bei Gläubigen, bei Ehrenamtlichen, bei Hauptamtlichen, bei den Betroffenen. Dieses Vertrauen zurückzugewinnen wird lange dauern. Und vielleicht werden wir es nie ganz zurückgewinnen.


Aber es gehört zu unserer Motivation und zu unserem Selbstverständnis, alles dafür tun, um wieder vertrauenswürdig und glaubwürdig zu werden – und zwar nicht durch Worte allein, sondern durch Taten. Wir haben als Bistum Schuld auf uns geladen. Wir haben nicht zugehört. Kirchliche Strukturen haben versagt. Dieser Vergangenheit werden wir uns stellen. Nur so kann ein neuer Weg entstehen.


Diesen neuen Weg werden wir gemeinsam gehen – mit Klarheit und mit Konsequenz.


 

Aufarbeitung, Intervention und Prävention im Bistum Fulda


Rund um die Veröffentlichung des Abschlussberichts hat das Bistum Fulda eine Hotline eingerichtet. Sie ist vom Dienstag, 17. Juni bis einschließlich Mittwoch, 2. Juli 2025 montags bis donnerstags von 8:00 bis 16:00 Uhr sowie freitags von 8:00 bis 12:00 Uhr erreichbar. An Wochenenden und Feiertagen ist die Hotline nicht besetzt. Die Nummer lautet: 0661 / 87-888.


Darüber hinaus stehen weitere Kontaktmöglichkeiten zur Verfügung:


· E-Mail:hinsehen-handeln@bistum-fulda.de

· Weitere Informationen: www.hinsehen-handeln-bistum-fulda.de

· Informationen zur Unabhängigen Kommission: www.nur-mit-mut.de


Im Bistum Fulda gibt es eine unabhängige Ansprechperson, die in keinem Dienstverhältnis zur Diözese steht. Zudem ist eine Interventionsbeauftragte benannt, die Hinweise entgegennimmt und Verfahren koordiniert. Präventionsbeauftragte entwickeln Schutzkonzepte und führen Schulungen durch.

 

26.06.2025


Pressestelle Bistum Fulda
36001 Fulda / Postfach 11 53
Telefon: 0661 / 87-355 / Telefax: 87-568

 

Bistum Fulda


Bischöfliches Generalvikariat 

Paulustor 5

36037 Fulda


 



Postfach 11 53

36001 Fulda

 



Telefon: 0661 / 87-0

Telefax: 0661 / 87-578

Karte
 


© Bistum Fulda

 

Bistum Fulda


Bischöfliches Generalvikariat 

Paulustor 5

36037 Fulda


Postfach 11 53

36001 Fulda


Telefon: 0661 / 87-0

Telefax: 0661 / 87-578




© Bistum Fulda