In der Woche nach der Vorstellung des Abschlussberichts der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Bistum Fulda hat sich die Bistumsleitung am Donnerstag (26.06.2025) im Gespräch mit Medienvertreterinnen und -vertretern als wichtigen Multiplikatoren öffentlich geäußert und den Fragen zum Bericht gestellt.
Das Pressegespräch wurde live ins Internet übertragen. Ganz im Sinne der notwendigen Transparenz und gemeinsamen Verantwortung waren dabei auch alle Mitarbeitenden des Bistums eingeladen, die Übertragung zu verfolgen.
Der Bericht war am 17. Juni 2025 von der Kommission vorgestellt und an Bischof Dr. Michael Gerber übergeben worden. Er dokumentiert das Leid von Betroffenen, benennt strukturelle Versäumnisse und spricht Empfehlungen für notwendige Veränderungen aus. Während des Dialogs am Donnerstag betonte die Bistumsleitung, dass die Aufarbeitung mit konkreten Schritten, offenen Fragen und dem klaren Willen zur Veränderung weitergeht.
Der Bericht war am 17. Juni 2025 von der Kommission vorgestellt und an Bischof Dr. Michael Gerber übergeben worden. Er dokumentiert das Leid von Betroffenen, benennt strukturelle Versäumnisse und spricht Empfehlungen für notwendige Veränderungen aus. Während des Dialogs am Donnerstag zeigte sich die Bistumsleitung tief erschüttert über das Leid der Betroffenen und die im Bericht dokumentierten Taten und betonte, dass die Aufarbeitung mit konkreten Schritten, noch zu klärenden Fragen und vor allem dem klaren Willen zur Veränderung weitergeht.
Der Bericht zeige vor allem systemisches Versagen. „Diese Strukturen müssen wir erkennen, benennen und verändern – als Bistum, als Leitung, und ich ganz persönlich als Bischof.“ Zwei Gesprächstermine mit der Kommission seien bereits vereinbart, um die Empfehlungen im Detail zu verstehen und daraus konkrete Maßnahmen ableiten zu können, betonte der Bischof.
Im Kontext dieser Verantwortung benennt der Abschlussbericht der Kommission auch gravierende Versäumnisse in der Priesterausbildung früherer Jahrzehnte im Bistum Fulda. So wurden teilweise Männer geweiht, die bereits während ihrer Ausbildung oder sogar davor auffälliges oder problematisches Verhalten zeigten – teils trotz klarer Warnungen oder negativer Voten. Bischof Gerber berichtete, dass er während seiner bisherigen Amtszeit bereits sechs Priester aus dem Dienst nehmen musste, darunter auch drei wegen sexualisierter Gewalt. In mindestens drei Fällen lagen bereits während der Ausbildung Hinweise vor, die nicht ausreichend berücksichtigt wurden.
„Die menschliche Reife muss unverzichtbare Voraussetzung für die Priesterweihe sein“, betonte Gerber. Es gehe darum, die Fähigkeit zu entwickeln, sich selbst und andere realistisch wahrzunehmen und Beziehungen professionell und verantwortungsvoll zu gestalten. Diese Erkenntnis sei zentral für die Reform der Priesterausbildung. An dieser beteiligt sich Bischof Gerber maßgeblich auch auf Ebene der Deutschen Bischofskonferenz in seiner Funktion als Vorsitzender der Kommission für Geistliche Berufe und mit der praktischen Erfahrung als früherer Regens des Priesterseminars in Freiburg.
Zugleich stellte Bischof Gerber einen Zusammenhang zwischen Prävention und den heutigen Herausforderungen im kirchlichen Dienst her: Viele Mitarbeitende erlebten zunehmende Belastung, schrumpfende Ressourcen und wachsende Erwartungen. Wer Strukturen schaffe, die Überforderung reduzieren und Selbstwirksamkeit ermöglichen, schütze damit auch vor dem Missbrauch von Macht, so der Bischof.
Zu den konkreten Maßnahmen zählen die Einführung von Verwaltungsleitungen in Großpfarreien sowie die Förderung teamorientierter Leitungsmodelle, um Pfarrer von administrativen Aufgaben zu entlasten und Leitung auf mehrere Schultern zu verteilen – fachlich, transparent und im Sinne einer gemeinsamen Verantwortung. Auch die Möglichkeit zur vorzeitigen Pensionierung versteht Gerber als Ausdruck von Selbstfürsorge: Sie könne helfen, die eigene Lebens- und Berufssituation realistisch und verantwortungsvoll zu gestalten, betonte der Bischof.
Beate Lopatta-Lazar, seit November 2023 Leiterin des Fachbereichs Personal, betonte die Bedeutung einer ganzheitlichen Personalführung. „Der Bericht zeigt deutlich: Es reicht nicht, Strukturen zu verändern – es braucht auch eine klare Haltung und gelebte Praxis.“ Sie verwies auf die Arbeit der interdisziplinär besetzten Personalkommission sowie auf die laufende Neustrukturierung des Personalbereichs.
Ein besonderes Augenmerk liege auf der Personalentwicklung. „Wir begleiten Menschen im Bistum über ihren gesamten Berufsweg hinweg – mit systematischen Gesprächen, Supervision, Coaching und Qualifizierungsmaßnahmen.“ Auch die Förderung von Frauen in Leitungspositionen sei ein erklärtes Ziel. „Heute sind bereits mehrere Frauen in Schlüsselpositionen tätig – im Generalvikariat, in Hochschulgemeinden und in der Klinikseelsorge.“
Lopatta-Lazar betonte, dass es nicht darum gehe, alles sofort zu lösen. „Aber wir müssen jetzt die richtigen Fragen stellen, erste Schritte gehen und dabei offen, transparent und glaubwürdig kommunizieren.“
Generalvikar Dr. Martin Stanke, seit März 2025 im Amt, unterstrich die strukturelle Dimension des Missbrauchs. „Wir dürfen nicht nur auf Einzeltäter schauen, sondern müssen die Strukturen benennen und verändern, die Missbrauch begünstigt oder seine Aufdeckung erschwert haben.“ Dazu gehöre auch eine neue Kultur des Leitens und Entscheidens – transparenter, partizipativer, mit klaren Zuständigkeiten.
Stanke kündigte an, dass Prävention, Intervention und Aufarbeitung künftig nicht nur gebündelt, sondern auch gestärkt werden sollen. Dafür werde eine neue Fachstelle geschaffen, in der diese drei Bereiche eng zusammenarbeiten. „Wir haben die Weichen dafür bereits gestellt – gemeinsam mit dem Kirchensteuerrat.“ Auch die Frage, wie die unabhängige Arbeit der Kommission nach deren Mandatsende weitergeführt oder in anderer Form verstetigt werden kann, werde derzeit intensiv beraten.
Ein weiterer Schwerpunkt sei die Begleitung von Gemeinden, die sich ihrer eigenen Geschichte stellen müssen, so Stanke: „Es braucht Konzepte, die Sprachlosigkeit überwinden helfen und eine Kultur der Achtsamkeit und Erinnerung ermöglichen.“
Der Abschlussbericht dokumentiert Fälle sexualisierter Gewalt im Bistum Fulda seit 1945. Die Kommission benennt strukturelle Versäumnisse, unzureichende Reaktionen kirchlicher Verantwortungsträger in der Vergangenheit und nach wie vor bestehende Risiken. Zudem spricht sie Empfehlungen aus, etwa zur Stärkung von Leitungsstrukturen, zur Erinnerungskultur und zur Weiterentwicklung der Priesterausbildung.
Die Unabhängige Kommission wurde 2021 eingesetzt und arbeitete völlig unabhängig von der Bistumsleitung. Sie folgte bundesweit einheitlichen und verbindlichen Standards, wie sie von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) entwickelt wurden. Die Kommission war multiprofessionell besetzt und wurde von Gerhard Möller, dem früheren Oberbürgermeister von Fulda, geleitet.
Zwei zentrale Schwerpunkte prägten die umfangreiche Arbeit der Kommission: der Arbeitskreis „Betroffene hören“ mit vertraulichen Gesprächen außerhalb kirchlicher Räume sowie der Arbeitskreis „Akteneinsicht“, der mehr als 800 Personalakten systematisch auswertete. Unterstützt wurde die Kommission von externen Fachleuten, darunter pensionierte Kriminalbeamte.
Das Pressegespräch war ein weiterer Schritt auf dem Weg zu mehr Verantwortung, Transparenz und konkreter Veränderung – begleitet von weiteren Gesprächen mit der Kommission.
Weitere Informationen zur Aufarbeitung im Bistum Fulda sowie eine Aufzeichnung des Live-Streams des Pressegespräches vom finden Sie auf den Internetseien bzw. dem YouTube-Kanal des Bistums Fulda. www.bistum-fulda.de
Den Abschlussbericht und weitere Infos der Unabhängigen Kommission finden Sie im Internet unter: www.nurmitmut.de
Rund um die Veröffentlichung des Abschlussberichts hat das Bistum Fulda eine Hotline eingerichtet. Sie ist vom Dienstag, 17. Juni bis einschließlich Mittwoch, 2. Juli 2025 montags bis donnerstags von 8:00 bis 16:00 Uhr sowie freitags von 8:00 bis 12:00 Uhr erreichbar. An Wochenenden und Feiertagen ist die Hotline nicht besetzt. Die Nummer lautet: 0661 / 87-888.
Darüber hinaus stehen weitere Kontaktmöglichkeiten zur Verfügung:
· E-Mail:hinsehen-handeln@bistum-fulda.de
· Weitere Informationen: www.hinsehen-handeln-bistum-fulda.de
· Informationen zur Unabhängigen Kommission: www.nur-mit-mut.de
Im Bistum Fulda gibt es eine unabhängige Ansprechperson, die in keinem Dienstverhältnis zur Diözese steht. Zudem ist eine Interventionsbeauftragte benannt, die Hinweise entgegennimmt und Verfahren koordiniert. Präventionsbeauftragte entwickeln Schutzkonzepte und führen Schulungen durch.
In dem Pressegespräch unterstrich Generalvikar Stanke die strukturelle Dimension des Missbrauchs. „Wir dürfen nicht nur auf Einzeltäter schauen, sondern müssen die Strukturen verändern, die Missbrauch begünstigt (...) haben.“
Pressestelle Bistum Fulda
36001 Fulda / Postfach 11 53
Telefon: 0661 / 87-355 / Telefax: 87-568
Bistum Fulda
Bischöfliches Generalvikariat
Paulustor 5
36037 Fulda
Postfach 11 53
36001 Fulda
Telefon: 0661 / 87-0
Telefax: 0661 / 87-578
Bistum Fulda
Bischöfliches Generalvikariat
Paulustor 5
36037 Fulda
Postfach 11 53
36001 Fulda
Telefon: 0661 / 87-0
Telefax: 0661 / 87-578
© Bistum Fulda